Fast jeden zweiten Tag kam es in den vergangenen Jahren in Nordrhein-Westfalen zu einer rechten Gewalttat – ungezählt sind dabei die Angriffe, die aus verschiedenen Gründen nicht angezeigt oder nicht als rechte Gewalt erfasst wurden und somit aus der Statistik gefallen sind.

Rechte Tatmotivation

Rechtsextreme Gewalttaten sind Angriffe, die geprägt sind von menschenfeindlichen Weltbildern und Vorurteilen gegenüber gesellschaftlichen Gruppen. In ihnen kommen bestimmte, historisch gewachsene und gesellschaftlich weit verbreitete Ausgrenzungsideologien zum Ausdruck. Dazu zählen beispielsweise Rassismus, Antisemitismus, Sozialdarwinismus sowie Homo- und Transfeindlichkeit.

Rechte Gewalt richtet sich nicht ziellos oder blind gegen alle Menschen. Vielmehr stehen ganz bestimmte Zielgruppen im Fokus. Hierzu können Menschen zählen, die wegen

  • ihres alternativen Auftretens und/oder ihrer nicht-rechten Haltung,
  • ihrer sexuellen Orientierung und/oder Geschlechtsidentität,
  • ihrer Behinderung,
  • ihrer sozial benachteiligten Positionierung,
  • ihrer politischen Aktivität gegen die extreme Rechte,
  • ihrer religiösen Zugehörigkeit
  • oder die aus rassistischen oder antisemitischen Motiven

angegriffen werden.

Relevant sind dabei für uns die Zuschreibungen der Täter*innen in Bezug auf die Betroffenen, nicht notwendigerweise deren tatsächliche Merkmale.

Ebenso ist für uns die politische Selbstverortung der Täter*innen für die Bewertung eines Angriffs als rechtsmotiviert unbedeutend. Entscheidend ist, welche ideologischen Werte durch ihre*seine Tat realisiert wurden. Insofern ist es egal, ob die Tat von einem Gelegenheitstäter oder einer Neonazi-Aktivist*in aus gefestigten Strukturen begangen wird, die Tatmotivation ist diesbezüglich für uns der alleinige Gradmesser zur Beurteilung der Frage, ob von einer politisch motivierten Straftat gesprochen werden kann.

Entscheidend für die Einschätzung einer Tat als rechtsextreme Gewalt ist darüber hinaus die persönliche Wahrnehmung der Betroffenen. Das Urteil von Zeug*innen oder der Polizei kommt erst an zweiter Stelle.

Gewaltverständnis

Für BackUp gelten als Ausgangspunkt für die Beratungsarbeit zunächst alle Formen physischer Gewalt einschließlich jener Fälle, wo der Angriff lediglich versucht, aber nicht vollendet wurde und wo es zu einer ernsthaften Androhung von Gewalt gekommen ist. Denn auch das Antizipieren eines unmittelbar folgenden Angriffs in einer als bedrohlich empfunden Situation, kann für Betroffene psychisch ebenso gravierende Folgen haben, wie eine vollendete Tathandlung.

Unter physische Gewalt fallen Körperverletzungs- und Tötungsdelikte, Brandstiftungen und Raubstraftaten. Darüber hinaus gelten nach unserem Verständnis massive Nötigungen, Bedrohungen und zielgerichtete Sachbeschädigungen mit erheblichen Folgen für die Betroffenen ebenso als Gewalttaten.

Bei Fällen von vorurteilsmotivierter Diskriminierung, in denen keine körperliche Gewalt vorliegt, sind Antidiskriminierungsstellen zuständig.